Zwei Finger
Ich fand schreiben mit einer Schreibmaschine so faszinierend wie anstrengend. In den späten Siebzigern hackte ich seltsam strukturierte Texte mit zwei Fingern und stoischer Ausdauer in eine Reiseschreibmaschine. Man sollte sein Geschreibsel wenigstens in lesbare Form bringen können, dachte ich. Beim Studium in den Achtzigern gab es Computer, grün oder bernstein auf schwarz. Ein Versuch tippen zu lernen scheiterte nach wenigen Lektionen. QWERTZ ist eine Zumutung. Dvoraks’ Belegung hatte ich mir angesehen ohne schlauer zu werden. Als Landschaftsarchitekt wurde das Schreiben voluminöser Gutachten zur nächtelangen Quälerei. Oberflächen wurden grafisch, Texte weniger, die Maus eine Befreiung. 2008 wollte ich mich für einen Job bewerben für den ich viel hätte schreiben müssen. Ich hab mich nach Neuerungen zum Zehnfingerschreiben umgesehen: Neo schien eine sinnvolle Alternative, das Ebenenkonzept unstreitig ein Fortschritt.
Neun Finger
Nach einem halben Jahr Neo konnte ich halbwegs geläufig mit neun Fingern tippen, nur nicht so locker wie erhofft. Damals veröffentlichte Ulf Nordtast. Es war deutlich weniger krampfig, ich wurde sicher und schnell damit. Je schneller man tippt desto hakeliger wird Nordtast. So fing die Suche nach Verbesserungen an, über viele Stationen bis zu »Aus-der-Neo-Welt«. Gerne habe ich den Tester gemacht. Die Zahlen und Statistiken sind zwar interessant, ich vertraue lieber darauf, wie es sich anfühlt. Nach mehrmaligem Umprogrammieren der Finger war’s nicht mehr seltsam, alle paar Wochen eine neue Variante zu erlernen. Nach drei Jahren und etwa zwanzig Belegungen hatte ich eine recht präzise Vorstellung, wie sich meine Finger bewegen wollen und was Tastatur und Belegung können sollten. Ich sehe Tippen als Tanz auf den Tasten, alles muss passen. Eleganz und Bewegungsfreude sind wichtig. Geschmeidige Bewegungen, die sich perfekt kombinieren. Der Text muss ungestört direkt in die Finger fließen. Nach allen Experimenten bin ich letztlich zu AdNW zurückgekehrt: es ist einfach, geradlinig und tippt sich auf der Standardtastatur recht perfekt. Die letzten Kanten wegzubügeln war nicht gelungen.
Alle Finger
Einen frischen Impuls brachte neue Hardware in Form des Truly Ergonomic Keyboard (TEK). Diese Tastatur bietet fast was ich erwarte: Gerade Reihen, symmetrisch, programmierbar und die Option, Modifier auf die Daumen zu legen. Ein symmetrisches Keyboard entkrampft das Schreiben deutlich und Shift auf den Daumen erleichtert das Tippen: Die kleinen Finger müssen nicht nach unten außen aus der Balance ziehen. Auf dem TEK schreibt es sich prima mit AdNW, aber die Belegung lässt sich noch besser anpassen. Silbeninterne Trigrammoptimierung brachte was ich gesucht hatte: Mit BuT läuft das TEK angenehmer, runder, geschmeidiger. Der Effekt ist weniger statistisch messbar als psychologischer Natur: Der Schreibrhythmus stimmt zusammen mit den Zeichenfolgen, es gibt keine rhythmischen Brüche, das zu Schreibende passt exakt zu den mechanischen Vorgängen. Folgebewegungen einer Sequenz schließen perfekt aneinander. Geschriebenes und mechanische Abläufe werden deckungsgleich. Die Rhythmik stimmt. Zuletzt habe ich die Belegung auf 30 Tasten reduziert, Umlaute werden per Diakritikataste erzeugt. PUQ ist für mich perfekt.
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Was man lernen muss um mit seltsamen Belegungen zu schreiben:
- Viel »Blödes Wissen« um sie überhaupt benutzen zu können
- Einlesen ins Thema. Foren und Mailinglisten sind hilfreich
- Belegung finden, zum Funktionieren bringen, tippen üben
- Tipptrainer meiden, konsequent normal schreiben was anliegt
- Der Anfang ist mühselig - nicht die Tippfehler einüben!
- Geduld - Programmieren des Hirns braucht länger als Apps installieren
Wer dann noch nicht genug hat:
- Sich mit dem Optimierer anfreunden, Zusammenhänge begreifen, experimentieren
- Belegungen erlernen, probieren was passen will
- Verschiedene Tastaturen testen - mehr »Blödes Wissen« sammeln
- Lieblingsbelegung auf Lieblingstastatur abstimmen
- Dauert alles länger und macht auch Spaß
- Irgendwann gut sein lassen
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